09. Februar 2017
Geschrieben von Hogan Lovells

Stellungnahme Hogan-Lovells-Partner Heiko Tschauner zum "Sanierungserlass"-Urteil des Bundesfinanzhofs

Sehr geehrte Damen und Herren,
 

das jüngste Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) zum Sanierungserlass des Bundesfinanzministeriums (BMF) kann nach Ansicht von Heiko Tschauner, Partner bei Hogan Lovells in München "zu einem erheblichen Sanierungshindernis für Unternehmen werden". Die obersten Finanzrichten hatten den Sanierungserlass von 2003 für rechtswidrig erklärt (Az. GrS 1/15), weil die Finanzverwaltung damit ihre Kompetenzen überschritten habe. "Der Verzicht auf Forderungen in Insolvenzplänen ist eine Standardmaßnahme, um strauchelnden Unternehmen wieder auf die Beine zu helfen", sagte der Experte für Insolvenzrecht. "Ein solcher Forderungsverzicht würde in Zukunft zu Steuerzahlungen auf Sanierungsgewinne führen. Im Ergebnis werden Unternehmen, die sich in einer Schieflage befinden, dann aber eher zerschlagen als saniert. Das wiederum würde mehr Arbeitslose und sinkende Steuereinnahmen bedeuten. Um das zu verhindern, muss der Gesetzgeber hier schnell Klarheit schaffen."

 

Hintergrund

Bei den meisten Unternehmenssanierungen verzichten die Gläubiger auf einen Teil der ihnen zustehenden Forderungen. Der Verzicht auf die Forderungen führt in der Bilanz des Schuldners zu einem Ertrag in Höhe des Nennbetrags der verzichteten Forderungen. Dies führt zum ökonomisch unsinnigen Ergebnis, dass Sanierungsmaßnahmen zu steuerpflichtigen Gewinnen führen, obwohl sich die Liquidität des Unternehmens durch den Verzicht nicht unmittelbar verbessert hat.

 

Um Sanierungen nicht durch die Besteuerung solcher Sanierungsgewinne zu erschweren oder unmöglich zu machen, hatte das Bundesfinanzministerium am 27. März 2003 den sog. Sanierungserlass veröffentlicht (BStBl. I 2003, 240). Bei Sanierungen, die bestimmte Voraussetzungen erfüllen, ist danach auf Antrag

-ein unbeschränkter Abzug der Verlustvorträge vom Sanierungsgewinn möglich, und

-die Steuer auf einen darüber hinaus verbleibenden Sanierungsgewinn kann zunächst gestundet und später erlassen werden.

 

Der Bundesfinanzhof hat nun geurteilt, dass

-ein Steuererlass durch die Finanzverwaltung nur aufgrund einer Einzelfallprüfung möglich ist, und

-eine abstrakte Regelung zum Erlass von Steuern auf Sanierungsgewinne nur durch den Gesetzgeber getroffen werden kann.

Deshalb ist der Sanierungserlass nach der Ansicht des BFH rechtswidrig.

 

Die Folgen der Entscheidung des BFH zum Sanierungserlass sind für Unternehmen und Fiskus erheblich: Auch der Staat hat ein Interesse daran, dass Unternehmenssanierungen gelingen. Die Erhebung von Steuern auf Sanierungsgewinne wird künftig nicht zu steigenden Steuereinnahmen führen, sondern vermehrt zu Zerschlagungen von Unternehmen und damit zu sinkenden Steuereinnahmen.

 

Nach dem Beschluss des BFH kann die Finanzverwaltung in Zukunft im Einzelfall immer noch eine abweichende Steuerfestsetzung sowie die Stundung und den Erlass von Steuern zulassen, wenn eine persönliche oder sachliche Unbilligkeit vorliegt. Allerdings stellt die Besteuerung eines bilanziellen Sanierungsgewinns nach Auffassung des BFH für sich keine sachliche Unbilligkeit dar. Vielmehr sei das Entstehen von Sanierungsgewinnen eine notwendige Folge der gesetzlich vorgegebenen bilanziellen Gewinnermittlung. Das heißt, eine abweichende Steuerfestsetzung oder ein Erlass von Steuern können in Zukunft wohl nicht mehr allein deshalb gewährt werden, weil ein Sanierungsfall vorliegt.

 

Wenn Sie Fragen haben oder mit Dr. Tschauner sprechen möchten, stellen wir sehr gerne einen Kontakt her. 

 

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