19. Januar 2017
Geschrieben von Hogan Lovells

Urteil Bundesarbeitsgericht zum Ruhezeitanspruch von Betriebsräten - Stellungnahme Hogan Lovells

Sehr geehrte Damen und Herren,

 

Betriebsräte haben Anspruch auf Ruhezeit vor Betriebsratssitzungen. Das hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) in einem Grundsatzurteil entschieden (AZ: 7 AZR 224/15).

 

Dazu teilt Dr. Silvia Lang, Fachanwältin für Arbeitsrecht bei der internationalen Wirtschaftskanzlei Hogan Lovells in München mit:

 

"Das Urteil des 7. Senats stärkt die rechtliche Stellung von Betriebsratsmitgliedern – insbesondere derer, die im Schichtdienst arbeiten. Neu ist, dass das BAG die Frage ausdrücklich offen lässt, ob die Zeit für die Wahrnehmung von Betriebsratsaufgaben Arbeitszeit im Sinne des Arbeitszeitgesetzes ist oder nicht. Eine Klarstellung wäre jedoch für Unternehmen wünschenswert. Denn ist die Zeit für die Wahrnehmung von Betriebsratsaufgaben Arbeitszeit, findet das Arbeitszeitgesetz Anwendung – und damit auch die Sanktionen (Bußgelder und Strafen) bei Verstößen, z. B. gegen die Ruhezeit von 11 Stunden (§§ 2223ArbZG). Der 7. Senat führt aus, dass auf jeden Fall die Wertungen des Arbeitszeitgesetzes zu berücksichtigen sind. Das BAG macht deutlich, dass die Ruhezeit elf Stunden (wie in § 5 Abs. (1) ArbZG) zu betragen hat;  das LAG Hamm hielt auch 10 Stunden für ausreichend (LAG Hamm, Urteil vom 20. Februar 2015 – Az.13 Sa 1386/14).  

 

Hintergrund

 

Die Wahrnehmung von Betriebsratsaufgaben dient dem Interesse der Arbeitnehmer, sie unterliegt nicht den Weisungen des Arbeitgebers. Betriebsratsmitglieder üben ihre Tätigkeit ehrenamtlich aus (§ 37 Abs. (1) Betriebsverfassungsgesetz – BetrVG). Damit sie keine finanziellen Nachteile haben, muss der Arbeitgeber die Betriebsratsmitglieder von ihrer Tätigkeit ohne Lohnkürzung freistellen, wenn dies zur ordnungsgemäßen Ausführung ihrer Betriebsratstätigkeit erforderlich ist (§ 37 Abs. (2) BetrVG). Arbeitnehmer, die außerhalb der Arbeitszeit als Betriebsrat aus betriebsbedingten Gründen tätig sind, haben deshalb einen Anspruch, bei voller Lohnzahlung von der Arbeit zum Ausgleich der Betriebsratstätigkeit befreit zu werden.

 

Unternehmen haben nur wenig Einfluss auf die Organisation der Betriebsratsarbeit. Sie sollten darauf achten, dass das Betriebsratsmitglied sich vor Verlassen seines Arbeitsplatzes ordnungsgemäß abmeldet (unter Angabe der Dauer und des Orts der Betriebsratstätigkeit) – und sich nach seiner Rückkehr zurückmeldet. Diese Pflicht ergibt sich aus dem Arbeitsverhältnis. Betriebsräte, die dagegen verstoßen, können abgemahnt oder im Wiederholungsfall außerordentlich gekündigt werden. Entsprechend sollte das Betriebsratsmitglied auch mitteilen, wenn es zur Einhaltung der Ruhezeit vor der Wahrnehmung von Betriebsratstätigkeiten die Schicht vorzeitig beenden muss, damit der Arbeitgeber planen kann.

 

In dem Verfahren ging es um ein Betriebsratsmitglied; er ist als Anlagenbediener in einem Metallbetrieb beschäftigt. Er arbeitet im Rahmen einer 35-Stunden-Woche im Dreischichtbetrieb. Am 16. Juli 2013 war er für die Nachtschicht von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr eingeteilt. Wegen anstehender Betriebsratsaufgaben am nächsten Tag hat er aber nur bis 2.30 Uhr gearbeitet. Am 17. Juli 2013 nahm er zwischen 13.00 Uhr und 15.30 Uhr an einer Betriebsratssitzung teil und behauptete, im Vorfeld von 11.45 Uhr bis 13.00 Uhr Betriebsratsarbeit erledigt zu haben. Er forderte seinen Arbeitgeber auf, ihm nicht nur die Zeit für die Teilnahme an der Betriebsratssitzung gutzuschreiben, sondern auch die Zeit für die Vorbereitung. Als sich der Arbeitgeber weigerte, zog das Betriebsratsmitglied vor das Arbeitsgericht.

 

Begründung: § 5 Abs. (1) Arbeitszeitgesetz (ArbZG) sehe eine elfstündige Ruhezeit vor. Nach § 37 Abs. (2) BetrVG sei er berechtigt gewesen, die Nachtschicht vorzeitig zu beenden, um seine Aufgaben als Betriebsrat – Vorbereitung der Sitzung und Teilnahme – ausüben zu können. Der Arbeitgeber entgegnete, dass im Falle der erforderlichen Wahrnehmung von Betriebsratstätigkeiten außerhalb der Arbeitszeit eine gewisse Dauer der Erholung durchaus zu berücksichtigen sei. Dabei könne jedoch nicht auf die nur für eine Arbeitstätigkeit maßgebliche elfstündige Ruhezeit abgestellt werden. Angemessen seien vor diesem Hintergrund acht Stunden. Dieser Auffassung haben die Erfurter Bundesrichter nun widersprochen.

 

Falls Sie noch Fragen dazu haben, stellen wir gerne den Kontakt zu Frau Dr. Lang her.

 

 

Mit freundlichen Grüßen

 

Demet Fidanci

Marketing & Business Development/PR Assistan

 

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