Am 1. Juli 2011 tritt das weltweit wohl härteste Anti-Korruptionsgesetz, der UK Bribery Act, in Großbritannien in Kraft. Verstöße von Individuen gegen das neue Gesetz können mit bis zu 10 Jahren Haft, die von Unternehmen mit unlimitierten Bußgeldern bestraft werden.
Wendelin Acker, Partner und Leiter der deutschen Arbeitsgruppe Compliance bei Hogan Lovells International LLP in Frankfurt, sagt:
"Es ist davon auszugehen, dass Unternehmen außerhalb Großbritanniens von der britischen Anti-Korruptionsbehörde SFO genau unter die Lupe genommen werden, und leider sind dies genau die Firmen, die am wenigsten darauf vorbereitet sind. Selbst, wenn das Unternehmen nicht in Großbritannien angesiedelt ist und nur einen Teil seiner Geschäfte dort ausübt, unterliegt es dennoch dem Bribery Act - und dies gilt ausnahmslos für alle Firmenaktivitäten weltweit."
"Für ein global agierendes Unternehmen gibt es kaum Möglichkeiten, sich dem langen Arm des Bribery Acts zu entziehen. Theoretisch mag es Wege geben, Tochtergesellschaften in Großbritannien "abzuschotten", allerdings gibt es so viele andere Fallstricke, dass dieses Vorgehen keinesfalls wasserdicht ist."
"Bei einem der weltweit härtesten Anti-Korruptionsgesetze stellt sich automatisch die Frage, wo die SFO wohl als erstes zuschlagen wird. Die größte Angriffsfläche bieten externe Berater, die Unternehmen zur Erledigung "unsauberer Geschäfte" beauftragen. Nach den ersten Diskussionen um die Corporate Hospitality scheint es unwahrscheinlich, dass das Munition für eine erste Strafverfolgung liefert, vor allem, wenn man die jüngsten Leitlinien befolgt. Auch bei regelmäßigem Corporate Entertainment ist es unwahrscheinlich, dass ein Unternehmen mit dem Bribery Act in Konflikt gerät, sofern nicht besondere Umstände gegeben sind. Wenn Unternehmen auf der sicheren Seite sein wollen, ist Ihnen geraten, niemanden einzuladen, mit dem sie derzeit in Verhandlungen über ein gutes Geschäft stehen."
Wie sind deutsche Unternehmen betroffen?
"Deutsche Unternehmen müssen eine "nachweisbare Geschäftstätigkeit" in Großbritannien ausüben. Der Bribery Act gilt für Zweitniederlassungen, Repräsentanzen und Produktionsstätten in Großbritannien, danach beginnt die Grauzone. Bislang steht noch nicht fest, wie weit der Arm des Gesetzes tatsächlich reicht."
"Unternehmen haften aber sogar dann, wenn korrupte Handlungen gar nicht im Unternehmen selbst begangen werden, sondern lediglich ein Geschäftspartner so handelt. Hierunter fallen nach weit verbreiteter Ansicht auch externe Berater wie Anwälte oder Wirtschaftsprüfer. Wegen dieser Unklarheit liegt hier sicher einer der größten Fallstricke: Eine deutsche Firma kann sich nach englischem Recht strafbar machen, weil ein Geschäftspartner ihrer spanischen Tochtergesellschaft in China Bakschisch verteilt."
Wie geht es mit der SFO weiter?
Der Anreiz der SFO, Verstöße gegen den Bribery Act zu verfolgen, ist heute sogar noch größer. Bislang konnte der SFO den geplanten Zusammenschluss mit der National Crime Agency verhindern. Allerdings wird die Stellung der SFO derzeit überprüft, und wie könnte die Forderung nach ihrer Unabhängigkeit besser untermauert werden, als durch eine strikte Verfolgung von Verstößen gegen den Bribery Act?"
Finanzielle Belastung für Unternehmen
"Es gibt jede Menge finanzielle Anreize für die SFO, Verstöße gegen den Bribery Act zu verfolgen - denn nach wie vor hat Großbritannien ein klaffendes Staatsdefizit. Obwohl schon heute der Bußgeldrahmen im Millionenbereich liegt, können mit dem neuen Anti-Korruptionsgesetz nun Bußgelder in unbegrenzter Höhe verhängt werden. Hinzu kommen in jüngster Zeit vermehrt Äußerungen der britischen Justizbehörden, die sich dafür aussprechen, Bußgelder in Großbritannien künftig denen in den USA anzugleichen. die sich in der Regel auf bis zu $ 100 Millionen belaufen."
Verteidigung durch "Angemessene Maßnahmen" zur Korruptionsbekämpfung
"Es gibt dennoch keinen Grund ab dem 1. Juli in Panik zu verfallen - die Implementierung der neuen Richtlinien im Unternehmen muss bis dahin noch nicht umgesetzt sein. Entscheidend ist, dass Unternehmen angemessene Schritte unternommen haben, um ihr innerbetriebliches Korruptionsrisiko richtig einzuschätzen und sie alle notwendigen und angemessenen Maßnahmen im Umgang mit diesen potentiellen Risiken bereits implementiert haben."
"Das britische Justizministerium hat Richtlinien veröffentlicht, um Unternehmen bei der Umsetzung ihres Anti-Korruptionsprogramms zu unterstützen. Für Unternehmen bedeutet dies einen langen Weg, um alle "angemessenen Maßnahmen" zur Abwehr von Korruption zu implementieren. Das Ganze wird auch keine einmalige Angelegenheit sein - Unternehmen müssen auch weiterhin regelmäßig ihre Compliance-Programme überwachen und überprüfen."
Auswirkungen auf Versicherungsgesellschaften
Christian Wells, Partner im Bereich Insurance bei Hogan Lovells Internatonal LLP, fügt hinzu: "Versicherungsgesellschaften und andere Anbieter von Finanzdienstleistungen, die der FSA (Financial Services Authority) unterstehen, sollten nicht vergessen, dass die FSA von ihnen erwartet, Systeme und Kontrollen zum Schutz vor Bestechung und Korruption bereits vor Ort zu haben. Die im Mai 2010 von der FSA veröffentlichte Checkliste, die ursprünglich lediglich nur für Versicherungsmakler gedacht war, ist ein nützlicher Ausgangspunkt für viele regulierte Geschäftsbereiche. Für diese und ihre Geschäftsführer wird das Risiko sich durch nicht adäquate Maßnahmen einer Untersuchung durch die FSA und einer Bußgeldstrafe unterziehen zu müssen um ein Vielfaches größer sein als eine Strafverfolgung."
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