Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat heute über die Frage entschieden, ob Unternehmen von ihren Kund:innen verlangen können, dass diese zum Zweck der personalisierten Kommunikation ihre Anrede angeben (GDPR and rail transport: a customer’s gender identity is not necessary data for the purchase of a transport ticket).
Im konkreten Fall war es so, dass die französische Bahn (SNCF) im Rahmen einer Online-Buchung verlangte, dass die Kund:innen zwischen den Anreden Monsieur und Madame auswählten. Diese Anreden verwandte die SNCF sodann im Rahmen ihrer Kommunikation mit den Kund:innen.
Die französische Datenschutzbehörde CNIL bewertete diese Praxis als zulässig. Dagegen klagte der französische LGBTQ-Interessenverband Association Mousse. Er hielt es datenschutzrechtlich nicht für legitim, die Kund:innen zur Auswahl einer Anrede zu zwingen. Jedenfalls fehlte ihm aber eine dritte Option wie „Divers“ oder „Andere“.
Der zuständige Generalanwalt beim EuGH hatte bereits am 11. Juli 2024 eine rechtliche Stellungnahme in der Sache veröffentlicht. Darin kam er zu dem Ergebnis, dass die verpflichtende Erhebung der Anrede zur Vertragserfüllung nicht erforderlich sei und auch sonst nicht gerechtfertigt werden könne. Insbesondere sei die Anrede nicht erforderlich, um mit den Kunden zu kommunizieren. Zu diesem Zweck könne die SNCF eine generische Anrede (z.B. "Bonjour") verwenden, was teilweise auch bereits erfolge.
Dieser Stellungnahme folgte der EuGH nun in seinem aktuellen Urteil in den wesentlichen Punkten.
So entschied der EuGH, dass die Erhebung der Anrede der Kund:innen zum Zweck der personalisierten Kommunikation nicht erforderlich sei, um den Transportvertrag mit den Kund:innen zu erfüllen. Auch habe die SNCF kein berechtigtes Interesse daran, die Kund:innen zur Angabe ihrer Anrede und/oder Geschlechtsidentität zu zwingen. Diese Angaben seien nicht erforderlich, um in personalisierter Form mit den Kund:innen zu kommunizieren. Insoweit genüge die Erhebung des Vor- und Nachnamens. Die üblichen Umgangsformen in Frankreich müssten bei der Bewertung der Erforderlichkeit der Datenverarbeitung außer Betracht bleiben. Davon abgesehen könne die SNCF diese Umgangsformen gegenüber Kund:innen, die ihre Anrede nicht angeben wollten, aber auch durch die Verwendung geschlechtsneutraler Formulierungen wahren.
„Das Urteil hat zur Konsequenz, dass Unternehmen ihre Kund:innen nicht mehr zur Auswahl einer Anrede zwingen dürfen. Dagegen bleibt es selbstverständlich zulässig, die Anrede auf freiwilliger Basis zu erheben“, so der Datenschutzrechtler Dr. Lukas Stelten von CMS in Deutschland.
„Indem er es den Adressaten selbst überlässt, wie sie angesprochen werden wollen, stärkt der EuGH deren Recht auf informationelle Selbstbestimmung“, so Stelten weiter.
Für weitere Fragen, Hintergrundgespräche und ein Interview, steht unser Rechtsanwalt Dr. Lukas Stelten gern zur Verfügung. Wenden Sie sich jederzeit gern an uns.
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