Düsseldorf/München, 29. Dezember 2023
Die Kanzlei Noerr, die Kommunikationsberatung FGS Global und Prof. Dr. Axel v. Werder (Technische Universität Berlin) haben ihre interdisziplinäre Untersuchung zur Rolle des Aufsichtsrats in der Unternehmenskommunikation fortgesetzt. Seit der ersten Studie aus dem Jahr 2018 haben die Autoren in ihrer neuen Studie folgende Erkenntnisse aus der Praxis gewonnen:
Gespräche mit Investoren haben sich bei den meisten Aufsichtsratsvorsitzenden etabliert. Auch der rechtliche Rahmen hierfür hat sich konsolidiert: Die Mehrheit der Rechtswissenschaft hält es für zulässig, dass der Aufsichtsratsvorsitzende Gespräche mit Investoren und anderen Stakeholdern jedenfalls über aufsichtsratsspezifische Fragen führt.
Das spiegelt sich auch in den Geschäftsordnungen für die Aufsichtsräte der DAX40-Gesellschaften wider, die überwiegend Regelungen zur Kommunikation des Aufsichtsrats enthalten. Gering bleibt jedoch der Organisationsgrad: Die Geschäftsordnungen enthalten zwar grundsätzliche Regelungen – eigene Kommunikationsordnungen mit weiteren Detailregelungen existieren dagegen kaum. Auch Ausschüsse, die sich mit der Kommunikation befassen, werden von den Aufsichtsräten nicht gebildet.
Als Gesprächspartner der Aufsichtsratsvorsitzenden dominieren Investoren vor Vertretern von Medien und Nichtregierungsorganisationen sowie sonstigen Stakeholdern, u. a. Politiker und Spitzenbeamte.
Im Fokus der Aufsichtsratskommunikation gegenüber Investoren und der allgemeinen Öffentlichkeit stehen weiter die klassischen Themen Vorstandsbestellung und -vergütung sowie Vergütung des Aufsichtsrats.
Betrachtet man die Gesprächsthemen im Nachhaltigkeits/-ESG-Kontext, stehen Governance-Themen („G“) wie z. B. Vorstandspersonalien im Vordergrund. Umweltbezogene („E“) und soziale („S“) Aspekte werden insgesamt deutlich seltener, aber immerhin teilweise angesprochen. Einige Aufsichtsratsvorsitzende äußerten sich im Untersuchungszeitraum auch zum Überfall Russlands auf die Ukraine, wenige nahmen Stellung zu umweltbezogenen Themen.
Dieser Befund überrascht jedenfalls mit Blick auf die Kompetenzen des Aufsichtsrats nicht: „Governance-Themen zählen zum Kernbereich der Überwachungsfunktion, es ist deshalb nicht verwunderlich, dass sie auch den Schwerpunkt der Gesprächsthemen bilden“, sagte Dr. Ingo Theusinger, Partner von Noerr in Düsseldorf und Experte für Aktienrecht und Corporate-Governance-Fragen.
Die Zurückhaltung – zumindest im Interview mit Journalisten – gegenüber anderen Themen ist hingegen auffallend. Mediengespräche scheinen Aufsichtsratsvorsitzende nicht als geeignete Plattform anzusehen, um in der Öffentlichkeit zu umweltbezogenen („E“) und sozialen Themen („S“) Stellung zu nehmen. Im Gespräch mit Investoren scheint dies anders zu sein. „Gespräche zwischen Investoren und anderen Stakeholdern mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden haben sich etabliert. Die Bereitschaft zur Kommunikation ist weitgehend vorhanden“, merkte Prof. Dr. Axel v. Werder an. „Der Austausch mit weiteren Gesprächspartnern wie Medien, NGOs sowie Repräsentanten der öffentlichen Verwaltung und Politik spielt in der Praxis ebenfalls eine Rolle, wenngleich derzeit noch eine untergeordnete“, ergänzte Dirk von Manikowsky, Partner von FGS Global.
„Es wird interessant sein zu beobachten, ob die Nachhaltigkeitsdebatte und immer neue EU-Verordnungen, -Richtlinien und Gesetze im Bereich ESG bewirken, dass sich die Gesprächsthemen und -partner des Aufsichtsrats weiter verändern“, sagte Dr. Ralph Schilha, Partner von Noerr in München und ebenfalls Experte für Aktienrecht und Corporate Governance. Schließlich sehen diverse EU-Verordnungen und -Richtlinien Stakeholder-Dialoge vor – dazu zählen auch Nichtregierungsorganisationen.
Grundlage der Studie ist eine schriftliche Umfrage unter den Aufsichtsratsvorsitzenden von Unternehmen aus dem DAX, MDAX und SDAX, eine Analyse der Geschäftsordnungen der Aufsichtsräte der 40 DAX-Unternehmen sowie eine inhaltlich-thematische Auswertung sämtlicher Interviews von Aufsichtsräten, die im Zeitraum von Januar 2022 bis April 2023 in deutschen Leitmedien erschienen sind.
Die vollständige Studie können Sie per E-Mail anfordern.
Die Executive Summary mit den wesentlichen Ergebnissen der Studie steht hier zum Download bereit.
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