28. Mai 2011
Geschrieben von Clifford Chance

Gewerbliche Immobilienkredite vor der Refinanzierungswelle

Frankfurt am Main, 20. Mai 2011

 

Die internationale Anwaltssozietät Clifford Chance war am 18. Mai 2011 Gastgeberin eines Seminars zum Thema der anstehenden Refinanzierungswelle im Bereich von gewerblichen Immobilienkrediten. Rund 100 Teilnehmer aus einem breiten Spektrum der mit diesem Thema befassten Vertreter der Wirtschafts- und Finanzwelt waren der Einladung gefolgt.

Hintergrund des Seminars waren die sich abzeichnenden Fälligkeiten von Finanzierungen allein in Europa von mehreren hundert Milliarden Euro, die schon in den kommenden Jahren die Refinanzierungskapazitäten des Marktes um ein erhebliches Maß zu überschreiten drohen.

In diesem Zusammenhang erläuterte Dr. Tobias Just (Leiter der Branchen- und Immobilienmarktanalyse bei Deutsche Bank Research) im Rahmen eines Vortrags die Hintergründe, wie es zu dem Aufbau der Refinanzierungswelle kommen konnte und skizzierte den Refinanzierungsbedarf für die nächsten zehn Jahre. Grundsätzlich befindet sich die Weltwirtschaft noch immer in einer Phase der deutlichen Erholung, wobei sich diese Konjunkturerholung auch positiv auf die Immobilienmärkte auswirkt. Allerdings bewegen sich viele Gewerbeimmobilienmärkte erst langsam zurück zu einer "neuen Normalität". Hierzu zählen auch deutlich geringere Fremdfinanzierungshebel. Dies erschwert die Refinanzierung ausstehender Kredite. In diesem Umfeld sind Gesamtemissionen allein von gewerblich besicherten Immobilienverbriefungen aus den Jahren zwischen 2003 und 2009 für Europa in einem Volumen zwischen 170 Mrd. und 270 Mrd. USD und in den USA in einem Volumen von 710 Mrd. bis 1.000 Mrd. USD zu sehen. Die Refinanzierung dieser Kredite, von denen ein sehr großer Teil bis 2020 umzusetzen ist, wird in Konkurrenz zu anderen Refinanzierungen in anderen Wirtschaftsbereichen stehen (von der Unternehmensfinanzierung bis hin zu Staatsanleihen). Der Hauptrefinanzierungsbedarf für europäische Transaktionen verteilt sich in Europa vornehmlich auf die Jahre zwischen 2012 bis 2017, sofern das anhand der unklaren Datenlage festgestellt werden kann. Ob und in welchem Umfang und zu welchen Konditionen eine Refinanzierung dieser Volumina überhaupt möglich sein wird, ist nicht klar.

Rechtsanwalt und Steuerberater Dr. Josef Brinkhaus (Partner und Bereichsleiter Tax bei Clifford Chance, Frankfurt) erläuterte im Anschluss im Rahmen eines Vortrags zu alternativen und innovativen eigenkapitalgetriebenen Investmentstrukturen Möglichkeiten, Investorenkreise anzusprechen, die bislang und in dieser Form nicht für die Investition in Immobilienportfolien gewonnen werden konnten. Hierbei erläuterte er die besonderen Bedürfnisse unterschiedlicher Investorenkreise sowie die rechtlichen und regulatorischen Hintergründe. Dr. Beda Wortmann (Partner, Banking & Capital Markets, bei Clifford Chance in Frankfurt) ergänzte mit kurzen Ausführungen zu klassischen Immobilienfinanzierungen über Fremdkapital. Das Fehlen eines funktionierenden europäischen Verbriefungsmarktes für gewerbliche Immobilienkredite setzt der Kapazität für diese Form der (Re)Finanzierung allerdings Grenzen.

In der abschließenden Diskussionsrunde unter Leitung von Dr. Arne Klüwer (Partner, Banking & Capital Markets, bei Clifford Chance in Frankfurt) diskutierten Frank Nickel (Managing Director, Deutsche Bank AG), Dr. Tobias Just, Thorsten Klotz (Managing Director, Moody's) und Tammo Andersch (Partner und Head of Restructuring Deutschland bei KPMG) die unterschiedlichen Herausforderungen, denen sich der Markt in diesem Umfeld stellen muss. Schwerpunkte bildeten Fragestellungen um die unklare Höhe des eigentlichen Refinanzierungsbedarfs, die Auswirkung auf das Rating von Transaktionen und regulatorische Hintergründe. Insbesondere die neuen regulatorischen Vorgaben von Basel III lassen nach übereinstimmender Auffassung erwarten, dass viele Kreditinstitute sich nicht in dem selben Maße bei der Refinanzierung der Kredite werden engagieren können und der Markt daher gezwungen sein wird, andere Investorenkreise, gegebenenfalls auch über alternative Finanzierungsstrukturen, zu gewinnen, um eine Refinanzierung der fälligen Volumina zu gewährleisten.

Die anschließende lebhafte Diskussion im Publikum zeigte, dass dem Thema auch in der Wahrnehmung des Markts eine hohe Relevanz zukommt, wobei allgemein die Zuversicht dominierte, dass Lösungen gefunden werden können, insbesondere sofern die zugrundeliegenden Gewerbeimmobilien eine hohe Qualität haben. Auch eine Wiederbelebung der CMBS Verbriefungsmärkte erscheint zunehmend wahrscheinlich.
 

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