wir möchten Ihnen ein Update senden mit Blick auf drohende Liquiditätskrisen und was hierbei zu beachten ist:
Maßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise
Die meisten Unternehmen, egal welcher Branche, bekommen die drastischen Auswirkungen der Corona-Krise derzeit deutlich zu spüren. Die vielerorts aufgrund der Pandemie ergriffenen Maßnahmen (Einreisbeschränkungen, Quarantäne etc.) wirken sich massiv auf die Wirtschaft aus. Insbesondere führen diese Maßnahmen zu einer Blockade der Handelswege, weshalb Lieferketten zusammenbrechen und damit sowohl Exporte als auch Importe merklich zurückgehen. Darüber hinaus stehen vielen Unternehmen wesentliche Mitarbeiter nur noch eingeschränkt oder schlimmstenfalls gar nicht zur Verfügung; auch dies wirkt sich negativ auf die Produktivität aus. Schließlich haben die Einschränkungen des kulturellen Lebens bereits jetzt zu einem Geschäftseinbruch bei vielen Unternehmen des Dienstleistungssektors sowie der Gastronomie geführt. Sämtliche dieser Probleme befeuern sich wechselseitig und führen damit zu einer weiteren Verschärfung der Krise.
1. Zeitweise Aussetzung der Insolvenzantragspflicht
Wer als Kapitalgesellschaft (GmbH, AG, SE, KGaA) oder kapitalistische Personengesellschaft, insbesondere GmbH & Co. KG, zahlungsunfähig oder überschuldet ist, muss spätestens nach drei Wochen einen Insolvenzantrag stellen. Die verspätete Antragstellung kann für die Geschäftsführer oder Vorstände zur persönlichen Haftung und gegebenenfalls sogar Strafbarkeit wegen Insolvenzverschleppung führen.
In der Pressekonferenz der Bundesregierung vom 13. März 2020 haben der Bundesfinanzminister und der Bundeswirtschaftsminister umfangreiche Liquiditätshilfen angekündigt, den sogenannten "Corona-Rettungsschirm". Allerdings wird der Schirm gerade erst aufgespannt und ist in seinen Einzelheiten noch nicht vollständig ausgearbeitet. Die Drei-Wochen-Frist zur Insolvenzantragsstellung ist vor diesem Hintergrund zu kurz bemessen, um den Rettungsschirm seine Wirkung entfalten zu lassen.
Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) bereitet daher ausweislich seiner Pressemitteilung vom 16. März 2020 eine gesetzliche Regelung zur Aussetzung der Insolvenzantragspflicht bis zum 30. September 2020 vor, um Unternehmen zu schützen, die infolge der Corona-Epidemie in eine finanzielle Schieflage geraten. Durch diese gesetzliche Regelung soll verhindert werden, dass Unternehmen nur deshalb Insolvenz anmelden müssen, weil die von der Bundesregierung beschlossenen Hilfen nicht rechtzeitig bei ihnen ankommen. Ähnliche Regelungen gab es bereits bei den Hochwasserkatastrophen in den Jahren 2002, 2013 und 2016.
Die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht wird jedoch nur unter den folgenden Bedingungen gewährt werden:
(1) Die Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung muss auf den Auswirkungen der Corona-Epidemie beruhen. Es wird also zur Haftungsentlastung der Geschäftsführer und Vorstände erforderlich sein, die Ursächlichkeit der Corona-Epidemie auf die eingetretene Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung nachzuweisen. Ob das Gesetz über die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht insoweit eine Vermutung zugunsten der antragspflichtigen Leitungsorgane vorsehen wird, bleibt abzuwarten.
(2) Die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht wird ferner nach Aussage des BMJV nur solchen Unternehmen gewährt, bei denen "aufgrund einer Beantragung öffentlicher Hilfen bzw. ernsthafter Finanzierungs- oder Sanierungsverhandlungen eines Antragspflichtigen begründete Aussichten auf Sanierung bestehen". Dieses Erfordernis könnte bedeuten, dass die Aussetzung der Antragspflicht nur dann in Betracht kommt, wenn die staatlichen Hilfen auch tatsächlich beantragt und in Anspruch genommen werden. Denn die zeitliche befristete Aussetzung der Antragspflicht dient dazu, den Beteiligten die Zeit zu verschaffen, die für die Abwicklung der Hilfeleistungen erforderlich ist. Werden die Staatshilfen erst gar nicht beantragt und gibt es auch sonst keine Erfolg versprechenden Sanierungsbemühungen, dürfte der Grund für die Inanspruchnahme der Ausnahmeregelung entfallen.
Für die Leitungsorgane bedeutet das, dass sie trotz aller Widrigkeiten verpflichtet bleiben, das Vorliegen von Insolvenzgründen zu jeder Zeit zu prüfen. Je stärker die Krise, desto höher die Beobachtungspflicht! Schließlich ist die unverzügliche Inanspruchnahme der Hilfen aus dem Rettungsschirm oder jedenfalls deren Beantragung – soweit schon möglich – dringend zu empfehlen.
2. Maßnahmen zur Abwehr der Liquiditätskrise
Sofern sich bei einem Unternehmen eine Liquiditätskrise abzeichnet, empfehlen wir im ersten Schritt dringend, die Liquiditätssituation anhand einer geeigneten Planung zu beurteilen und laufend zu überwachen. Sollte sich aus dieser Planung ergeben, dass das Unternehmen künftig (voraussichtlich) nicht mehr in der Lage sein wird, seine Verbindlichkeiten bei Fälligkeit zu erfüllen, sollte unbedingt insolvenzrechtlicher Rat eingeholt werden, um durch geeignete Maßnahmen eine mögliche Insolvenz abzuwenden.
Neben den bewährten Sanierungsinstrumenten werden von der Politik aufgrund der Corona-Krise derzeit weitere Sanierungsinstrumente entwickelt bzw. ausgeweitet, um die betroffenen Unternehmen bei der Überwindung der Krise zu unterstützen.
2.1 Bankengespräche
In diesem Zusammenhang haben sich frühzeitige und gut vorbereitete Finanzierungsgespräche mit Banken in der Praxis bewährt. Voraussetzung für erfolgreiche Gespräche mit Banken ist regelmäßig die Vorlage eines von einem Wirtschaftsprüfer oder anderen sachkundigen Berater erstellten Sanierungsgutachtens (IDW S6), anhand dessen die Überlebensfähigkeit der Gesellschaft nachgewiesen wird. Aus unserer Beratung wissen wir, dass die Chancen auf ein positives Sanierungsgutachten umso größer sind, je früher auf die Krise reagiert wird.
Hinzu kommt in der aktuellen Situation, dass die staatseigene KfW-Bank die Banken für Unternehmenskredite und -bürgschaften an Unternehmen nach der Ankündigung der zuständigen Ministerien künftig weitergehend absichern will, um die Folgen des Corona-Virus auf die deutsche Wirtschaft einzudämmen. Die KfW wird dafür die Zugangsvoraussetzungen zu den bestehenden Programmen lockern und die Risikoübernahmen auf bis zu 90% erhöhen. Für die von den bisherigen Programmen nicht erfassten Unternehmen sollen Sonderprogramme bis hin zu Restrukturierungsfinanzierunge
2.2 Zahlungsvereinbarungen mit Gläubigern
Darüber hinaus hat sich gezeigt, dass frühzeitige Gespräche mit Gläubigern über die Verlängerung von Zahlungszielen oder gegebenenfalls sogar Teilverzichte ein bewährtes Mittel zur Überwindung der Liquiditätskrise sind. Entscheidend für den Erfolg solcher Gespräche ist eine Einbeziehung der Gläubiger in die (Sanierungs-)Planungen, um so die erforderliche Transparenz und damit verbundene Glaubwürdigkeit herzustellen. Auch hierfür empfiehlt es sich, ein entsprechendes Sanierungsgutachten einzuholen.
2.3 Kurzarbeitergeld
Ein bereits in vorherigen Krisen erprobtes Mittel ist die Beantragung von Kurzarbeitergeld bei der Arbeitsagentur. Dies kann zu einer erheblichen Entspannung der Liquiditätssituation beitragen. Im Zusammenhang mit dem Corona-Virus wurden von der Bundesregierung nunmehr zwei weitere Fallgruppen geschaffen, in den Kurzarbeitergeld beantragt werden kann. Das ist der Fall, wenn der Arbeitsanfall epidemiebedingt erheblich sinkt, weil z.B. Lieferketten oder Absatzmöglichkeiten zusammenbrechen oder wenn Arbeitnehmer wegen behördlicher Anordnung nicht arbeiten dürfen. Darüber hinaus wurde die Mindestschwelle für die von Kurzarbeit betroffenen Arbeitnehmer auf nur noch 10 % eines Betriebs oder einer Betriebsabteilung herabgesetzt. Weitere Anreize zur Einführung von Kurzarbeit werden durch das Entfallen der Pflicht zum vorrangigen Einsatz negativer Arbeitszeitsalden gesetzt. Darüber hinaus werden neben 60% bzw. 67% des Nettolohns die bislang vom Arbeitgeber allein zu tragenden Sozialversicherungsbeiträge durch die Arbeitsagentur gesetzt.
3. Insolvenzreife und Überwachungspflichten der Geschäftsleitung
Die meisten deutschen Unternehmen stellen derzeit ihren Jahresabschluss für das Jahr 2019 auf, wobei die Risiken der Corona-Krise zum Abschlussstichtag 31. Dezember 2019 höchstwahrscheinlich nur in Ausnahmefällen bilanzielle Auswirkungen haben werden. Gleichwohl müssen die Unternehmen, auch wenn zum Stichtag keine Zahlungsunfähigkeit drohte bzw. keine bilanzielle Überschuldung vorlag, in jedem Fall im Auge behalten, welche Auswirkungen die Corona-Krise auf die aktuelle Geschäftsentwicklung haben kann. Sind erhebliche negative Folgen zu befürchten, muss die Geschäftsleitung gemeinsam mit ihren Beratern prüfen, ob und wie die Unternehmensplanungen anzupassen sind und welche Maßnahmen gegebenenfalls notwendig sind, um eine drohende Zahlungsunfähigkeit abzuwenden bzw. spiegelbildlich hierzu eine positive Fortführungsprognose zu gewährleisten. Sollte die Bedrohung der Geschäftstätigkeit derart gravierend sein, dass sich aus den – realistischen – Planungen für das laufende und kommende Geschäftsjahr keine positive Fortführungsprognose ableiten lässt, ist zwingend ein insolvenzrechtlicher Überschuldungsstatus aufzustellen, um eine Insolvenzantragspflicht prüfen zu können.
4. Eigenverwaltung
Eine Möglichkeit zur Überwindung der Krise kann darin bestehen, das Unternehmen in der Eigenverwaltung neu zu strukturieren. Dieses Verfahren bietet im Vergleich zu einem herkömmlichen Insolvenzverfahren erhebliche Vorteile:
Ebenso wie bei den dargestellten Maßnahmen außerhalb der Insolvenz gilt auch bei der Eigenverwaltung, dass der Erfolg maßgeblich davon abhängt, dass man frühzeitig handelt und die Geschäftspartner in die Sanierung mit einbezieht. Um die erforderliche Transparenz und damit verbundene Glaubwürdigkeit herzustellen, empfiehlt es sich auch hier, ein entsprechendes Sanierungsgutachten einzuholen. Anhand dieses Sanierungsgutachtens kann dann Geschäftspartnern und Banken der Weg aus der Krise plausibel aufgezeigt werden.
5. Umgang mit krisengebeutelten Geschäftspartnern
Die Corona-Krise macht selbst vor bisher immer erfolgreichen Unternehmen nicht halt. Vielmehr ist zu erwarten, dass zahlreiche Unternehmen jeglicher Größe und ungeachtet ihres bisherigen Erfolgs in erhebliche Bedrängnis geraten werden. Daher ist es – selbst wenn das eigene Unternehmen gesund ist – ratsam, bei Geschäftspartnern auf mögliche Krisenindikatoren
verstärkt zu achten um einer Ausweitung dieser Krise auf das eigene Unternehmen effektiv entgegenwirken zu können.
Sofern sich Geschäftspartner, seien es Lieferanten oder Kunden, in der Krise befinden, empfehlen wir die Geschäftsbeziehung einem verschärften Monitoring zu unterziehen und präventiv Maßnahmen zu ergreifen, um durch eine mögliche Insolvenz des Geschäftspartners nicht in Mitleidenschaft gezogen werden. Hierzu gehört es insbesondere die Zahlungsmodalitäten so anzupassen, dass für den Fall einer Insolvenz des Geschäftspartners der (künftige) Insolvenzverwalter die von diesem geleisteten Zahlungen nicht im Wege der Insolvenzanfechtung zurückfordern kann.
6. Kontaktpersonen bei Fragen:
Restrukturierung & Insolvenz Düsseldorf:
Dr. Martin Rappert - Martin.Rappert@bblaw.com Tel.: +49 211 518989 185
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