In einem aktuellen Beschluss hat das Bundesverfassungsgericht (1 BvR 6/09, 1 BvR 2538/08, 1 BvR 1842/08) die Bedeutung der Meinungs- und Pressefreiheit bestätigt und damit der Presse den Rücken gestärkt. Die Karlsruher Richter hoben teilweise Entscheidungen der Berliner Instanzgerichte auf, die es zwei Zeitschriftenverlagen (darunter dem Bauer Verlag) untersagten, wertend über öffentliche Freizeitaktivitäten (VIP-Partys) von Charlotte Casiraghi, der ältesten Tochter von Prinzessin Caroline von Hannover, zu berichten.
Alle drei entschiedenen Verfahren beschäftigen sich mit Artikeln über die junge Monegassin, die im Vorfeld der Berichterstattungen an verschiedenen, stets von vielen Prominenten besuchten und von großem Medienecho begleiteten Partys und Gala-Events in Paris teilgenommen hatte. Als dann unter Beifügung einiger Fotos über dieses Partyleben der jungen Monegassin berichtet und wertend nicht nur auf ihr ansprechendes Äußeres („Sie ist jung, schön und entdeckt die Welt des Glamours"), sondern auch die möglichen Gefahren eines solch ausschweifenden Partylebens hingewiesen wurde („Wie gefährlich ist das süße Leben“), ließ Charlotte Casiraghi die Berichterstattungen erfolgreich angreifen. Sowohl das Landgericht als auch das Kammergericht Berlin sprachen der jungen Monegassin Unterlassungsansprüche sowohl gegen die Text- als auch die Bildberichterstattung zu. Während das BVerfG die Verfassungsbeschwerde betreffend die Bildberichterstattung nicht zur Entscheidung annahm, hatte die gegen das Verbot der Textberichterstattung gerichtete Verfassungsbeschwerde jetzt umfassend Erfolg.
Denn die Textpassagen, die sich wertend – wohlwollend und warnend – mit der Person Charlotte Casiraghis und ihrer Zukunft auseinandersetzten, fielen in den Schutzbereich der Meinungsfreiheit. Dabei rügt das BVerfG die Berliner Gerichte scharf: Bereits eine Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts sei nicht tragfähig begründet worden. Den Kern der Entscheidung bilden die Ausführungen zur unterschiedlichen Reichweite des Schutzes der Persönlichkeit gegen die Veröffentlichung von Bildern einerseits und die Berichterstattung durch Wortbeiträge andererseits. Die Karlsruher Richter rücken die Dogmatik wieder zurecht: Während die Veröffentlichung des Bildnisses einer Person eine rechtfertigungsbedürftige Beschränkung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts darstelle, ist die Wortberichterstattung über eine Person demgegenüber grundsätzlich zulässig, wenn nicht ausnahmsweise die Intim- oder Privatsphäre bzw. die Ehre des Betroffenen verletzt wird, was vorliegend nicht der Fall war. Charlotte Casiraghi – so die Richter weiter – könne sich auch nicht auf das Recht berufen, in von ihr gewählter Anonymität zu bleiben. Ein solches Recht, „in Ruhe gelassen zu werden“, sei nicht nur ohnehin "fraglich", sondern ohnehin jedenfalls demjenigen zu versagen, der sich aus freier Entscheidung heraus gerade der Medienöffentlichkeit aussetze, indem er Veranstaltungen besuche, die erkennbar auf ein so großes Interesse von Teilen der Öffentlichkeit stießen, dass mit einer Berichterstattung durch die Medien gerechnet werden müsse. Mit anderen Worten: Wenn eine prominente Persönlichkeit an VIP-Partys teilnimmt und im Beisein zahlreicher Pressevertreter ausgelassen feiert, darf die Presse nicht nur über die Teilnahme des Prominenten an der Veranstaltung informieren, sondern diese ebenso bewerten wie das äußere Erscheinungsbild des Party-Gasts. Eigentlich selbstverständlich – und dennoch mussten die Verlage durch alle Instanzen gehen, damit schließlich Karlsruhe die Berliner Rechtsprechung korrigiert.
Vertreter Heinrich Bauer Zeitschriften Verlag KG:
HOGAN LOVELLS (Hamburg): Dr. Stefan Engels (Partner, IPMT); Dr. Michael Stulz-Herrnstadt (Counsel, IPMT); Dr. Uwe Jürgens (Senior Associate, IPMT), Verena Haisch (Associate, IPMT)