Frankfurt/Main – Im zehnten Jahr nach der Finanzkrise zeigt sich der Markt für M&A-Transaktionen extrem robust. Hauptgrund für die anhaltende Kauflaune der M&A-Verantwortlichen in den deutschen Unternehmen ist die Absicht, das eigene Wachstum zu beschleunigen und mit der fortschreitenden Digitalisierung der Wirtschaft Schritt zu halten. Das ist das Ergebnis des aktuellen M&A Panels, für das die Wirtschaftskanzlei CMS und das Magazin FINANCE drei Mal jährlich leitende Mitarbeiter aus den M&A-Abteilungen deutscher Unternehmen sowie Investmentbanker und M&A-Berater anonym zu ihrer Markteinschätzung befragen.
„Wir können die ungebrochen starken M&A-Aktivitäten bestätigen“, so Dr. Oliver Wolfgramm, Corporate Partner bei CMS Deutschland. „2018 knüpft nahtlos an 2017 an und die traditionelle Verschnaufpause fiel in diesem Januar aus. Sowohl strategische Investoren als auch Finanzinvestoren sehen die starken Trends zur Digitalisierung und Automatisierung und versuchen, diesen durch Zukäufe Rechnung zu tragen“, so Dr. Oliver Wolfgramm weiter.
M&A-Berater verzeichnen Rekordauslastung
Im Vergleich zur November-Umfrage ist die Auslastung der M&A-Berater weiter gestiegen und erreicht damit einen neuen Rekordwert. Die derzeitige Hochkonjunktur übertrifft den bisherigen Höchststand des M&A Panels vom Februar 2016. Vor allem die Beratungshäuser mit dem Fokus auf Mid- und Largecap-Deals können sich über mangelnde Beschäftigung nicht beklagen. Sie erreichen den höchsten Wert seit Auflage des Prognoseindikators im Juni 2014. Auch für die kommenden drei bis acht Monate sagen die M&A-Berater einen weiteren Anstieg ihrer Projektaufkommen voraus.
Keine unnötige Zeit verlieren
Dieses positive Momentum wollen natürlich alle Unternehmen für sich nutzen. Umso wichtiger ist es, sich in der konkreten Verhandlungssituation nicht zu verzetteln. CMS-Partner Dr. Thomas Meyding beobachtet bilaterale Verhandlungen vor allem bei weniger stark umworbenen Unternehmen.
„Aus taktischen Gründen empfiehlt es sich dennoch, den Prozess so aufzusetzen, dass er jederzeit in ein Auktionsverfahren überführt werden kann“, rät der M&A-Anwalt. Aus Verkäufersicht sollten dadurch die Nachteile exklusiver bilateraler Verhandlungen abgefedert werden. „Entscheidend bei einer Exklusivitätsvereinbarung ist es, diese zeitlich zu befristen, um gegebenenfalls auch andere Interessenten noch ansprechen zu können“, so CMS-Partner Meyding.
IT-Unternehmen am aktivsten
Auf einer Skala von 1 (= Unternehmen der Branche sind am M&A-Markt gar nicht aktiv) bis 10 (= sehr aktiv) bewerten die befragten M&A-Berater den Bereich Software und IT als derzeit aktivste Branche mit dem Wert 7,67. Ein Grund für die hohe Aktivität in diesem Bereich könnte die Digitalisierung sein. Sie führt nicht nur dazu, dass IT-Unternehmen selbst auf Wachstumskurs sind, sondern macht diese auch selbst zu attraktiven Übernahmezielen. Das bestätigen die Einschätzungen der M&A-Verantwortlichen in Unternehmen: Sie nennen die Erweiterung ihres Produkt- und Technologieportfolios als einen zentralen Dealtreiber (Wert 7,91). Doch nicht nur Unternehmen aus dem Bereich Software und IT sind in den Augen der M&A-Berater derzeit besonders aktiv an Fusionen und Übernahmen beteiligt. Auch die Pharma- und Healthcare-Branche (Wert 7,28) sowie die der Dienstleistungssektor (Wert 7,07) sind nach Meinung der Befragten ähnlich stark zu bewerten.
Übernahmeziele häufig überteuert
Trotz großer Nachfrage nach geeigneten Übernahmezielen sehen die M&A-Verantwortlichen in den Unternehmen 13 Prozent mehr strategisch attraktive Targets als in der vorherigen Befragung. Der Haken dabei: Sowohl die befragten M&A-Verantwortlichen aus Unternehmen als auch die M&A-Berater denken, dass häufig überhöhte Kaufpreise für Unternehmen verlangt werden. Die Unternehmen werten diesen Punkt mit der Note 8,73. Das ist der höchste Wert seit der erstmaligen Befragung des M&A Panels im Februar 2011. Bei den M&A-Beratern zeigt sich ein ähnliches Bild. Sie stimmen der Aussage mit einem Wert von 7,70 zu.
Preis ist Dealbreaker Nr. 1
Da verwundert es nicht, dass Käufer und Verkäufer sich in M&A-Prozessen häufig nicht auf eine Bewertung einigen können. Die M&A-Verantwortlichen in den Unternehmen stimmen der These, dass die Bewertungen der Verhandlungsparteien in M&A-Prozessen derzeit zu weit auseinanderliegen, mit 7,41 Punkten zu. Gegenüber der vorherigen Befragung ist das nochmals ein Anstieg um fast 10 Prozent.
„Bei attraktiven Targets in zudem stark im Fokus stehenden Bereichen sehen wir einen ausgeprägten Verkäufermarkt mit sehr hohen und sicherlich weiter steigenden Preisen“, bestätigt CMS-Partner Dr. Oliver Wolfgramm die Ergebnisse des Panels. „Dieser ausgeprägte Verkäufermarkt findet seinen Ausdruck nicht nur in hohen Kaufpreisen, sondern beispielsweise auch in verkäuferfreundlichen Kerninhalten der Kaufverträge. Auch wenn die Kaufpreisvorstellungen anfangs oft auseinander liegen, so bleibt Käufern regelmäßig nichts anderes übrig, als Zugeständnisse zu machen, wollen sie ein attraktives Zielunternehmen erwerben“, meint Dr. Oliver Wolfgramm.
Daraus ziehen viele Käufer folgende Konsequenz: Wegen des insgesamt sehr hohen Preisniveaus wollen sich 41 Prozent der Unternehmen in diesem Jahr mehr Zeit für die Due Diligence nehmen.
Risikoorientierter Due Diligence Report gefragt
Allerdings scheint der Trend von einer ausführlichen Due Diligence hin zum schnelleren Red-Flag-Report zu gehen. Befragt nach der Relevanz verschiedener rechtlicher Kriterien gehen nur rund 14 Prozent der M&A-Verantwortlichen in den Unternehmen davon aus, dass die klassische Due Diligence an Bedeutung gewinnt, 23 Prozent prognostizieren eine abnehmende Relevanz.
Dr. Thomas Meyding, Corporate Partner bei CMS Deutschland, beobachtet in Bezug auf die Due Diligence zwei wesentliche Trends. „Zum einen spielt vermehrt die Digitalisierung eine wichtige Rolle, um große Datenmengen softwarebasiert zu überprüfen. Wir beobachten bei dieser Technik bereits erste sehr gute Resultate.“ Zum anderen trete eine risikofokussierte Due Diligence in den Vordergrund. Hier sei die menschliche Expertise gefragt, Risiken rasch zu erkennen und zu quantifizieren.
Das M&A-Panel bestätigt den Trend zum Due Diligence Report (Red Flag): 28 Prozent erwarten eine steigende Relevanz, nur 10 Prozent sehen einen Rückgang.
Weiterhin sehr gutes Finanzierungsumfeld
Beflügelt wird die hohe M&A-Aktivität durch das nach wie vor hervorragende Finanzierungsumfeld sowohl für Unternehmen als auch für Private-Equity-Investoren. Auch wenn derzeit kein Wölkchen den blauen Himmel über dem M&A-Markt trübt – eine mögliche Zinswende kalkulieren die M&A-Profis zunehmend mit ein. Noch sind nach Auffassung der Befragten Kredite günstig und die Verhandlungen mit den Banken weitestgehend unkompliziert. Die Zustimmung zu der These, dass Bankkredite teuer und Bankverhandlungen schwierig und aufwendig sind, fällt entsprechend mit dem Wert 4,05 (10 = vollkommene Zustimmung) nach wie vor sehr niedrig aus. Allerdings ist die Zustimmung im Vergleich zur vorangegangenen Befragung um 37,3 Prozent gestiegen.
M&A-Profis setzen auf Eigenmittel
Derzeit aber gilt die sehr gute Finanzierungssituation nach wie vor sowohl für Strategen als auch für Finanzinvestoren. Die befragten M&A-Berater bewerten das Finanzierungsumfeld für Strategen mit dem Wert 8,40 und für Private-Equity-Häuser mit 8,33 (10 = exzellent). Obwohl Bankkredite nach wie vor sehr günstig sind, setzen die M&A-Abteilungen bei der Finanzierung von Zukäufen in erster Linie auf die eigene Liquidität. Den Stellenwert der Eigenmittel bewerten sie mit 8,27 (10 = sehr wichtig). Bankkredite rangieren mit einem Wert von 5,91 mit deutlichem Abstand auf dem zweiten Rang. Viel spricht deshalb dafür, dass auch im Fall eines moderaten Zinsanstiegs die M&A-Rallye weitergeht.
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