Brüssel – Der Bundesgerichtshof (BGH) hat Deutschlands führendem Lebensmitteleinzelhändler, EDEKA, Grenzen beim Preispoker mit Lieferanten aufgezeigt. Der Kartellsenat hob am Dienstag in einer Grundsatzentscheidung ein Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Düsseldorf auf, das EDEKA Recht gegeben hatte. Bei dem Streit geht es um so genannte „Hochzeitsrabatte“, die EDEKA nach der Übernahme der rund 2300 Plus-Discount-Filialen von Kaiser’s Tengelmann gegenüber rund 500 Lieferanten durchsetzen wollte, um damit die Übernahmekosten in Höhe von mehreren Hundert Millionen Euro zu wesentlichen Teilen zu finanzieren.
Zum ersten Mal hat damit das höchste deutsche Kartellgericht einen Verstoß von Handelsforderungen gegen das so genannte „Anzapfverbot" bejaht. Der BGH bestätigte dabei in entscheidenden Punkten eine Entscheidung des Bundeskartellamtes aus dem Jahr 2014, die zwischenzeitlich vom OLG Düsseldorf im November 2015 vollständig aufgehoben worden war. Auf die Rechtsmittel des Bundeskartellamtes und des Markenverbandes hat der BGH die Rechtswidrigkeit eines Großteils der geforderten Rabatte bestätigt. Auslöser des Kartellamtsverfahrens war eine Beschwerde des Markenverbandes gewesen.
Ein Team von CMS-Anwälten unter Leitung des Brüsseler Kartellrechtspartners Dr. Michael Bauer hat den Markenverband in allen gerichtlichen Instanzen des Verfahrens beraten und vertreten. Dasselbe Team war für den Markenverband bereits in den diversen Verfahren im Kontext der Übernahme von Kaiser's Tengelmann durch EDEKA tätig.
Die Entscheidung des BGH ist von sehr weitreichender rechtlicher und hoher wirtschaftlicher Bedeutung für die Markenartikelindustrie und deren Beziehungen zum Lebensmitteleinzelhandel.
Der BGH hat befunden, dass die von EDEKA durchgeführten Bestwertabgleiche, das heißt der Abgleich der vor einem Zusammenschluss den Fusionsparteien gewährten Konditionen, rechtswidrig war. Ebenso rechtswidrig war nach Auffassung des BGH die Forderung der Handelskette nach Zahlung einer Partnerschaftsvergütung, mit der die Lieferanten die Renovierung der Plus-Filialen bezahlen sollten.
Konkreter Gegenstand der Entscheidung sind Forderungen, die EDEKA gegenüber vier Sektherstellern erhoben hatte. Dieses Produktsegment hatte das Bundeskartellamt als ein repräsentatives Beispiel für die Branche ausgewählt. Die Entscheidung lässt sich daher inhaltlich auf eine große Zahl weiterer Produktbereiche übertragen. Weil die betreffenden Forderungen laut BGH zu Unrecht erhoben wurden, sind Schadensersatzforderungen von Lieferanten nun rechtlich denkbar.
Die Entscheidung basiert erstmalig auf dem vor einigen Jahren novellierten „Anzapfverbot", das verbietet, von abhängigen Lieferanten Vorteile zu fordern, die sachlich nicht gerechtfertigt sind.
Gleichzeitig hat der BGH nun indirekt bestätigt, dass jedenfalls ein großer Teil der Lieferanten von EDEKA abhängig ist und damit in den Schutzbereich des „Anzapfverbotes" fällt. Die Supermarktkette muss daher künftig mit Konsequenzen bei ihren Konditionenforderungen rechnen, soweit diese nicht sachlich zu rechtfertigen sind. Nicht zuletzt wurde das „Anzapfverbot" im vergangenen Jahr erneut verschärft und stellt nun höhere Anforderungen an die Rechtfertigung.
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