Frankfurt/Main – Die Situation am deutschen Markt für Fusionen und Übernahmen ist überdurchschnittlich gut. Das politische Weltgeschehen hat bisher keine negativen Konsequenzen auf das Geschäft. Bei M&A-Deals legen Unternehmen derzeit besonderen Wert auf Transaktionssicherheit. Das sind die wichtigsten Ergebnisse des aktuellen M&A-Panels, für das die Wirtschaftskanzlei CMS Deutschland und das Magazin "FINANCE" drei Mal jährlich M&A-Chefs deutscher Unternehmen sowie führende Investmentbanker und M&A-Berater anonym zu ihrer Markteinschätzung befragen.
Unternehmen wünschen exklusive Verhandlungen
M&A-Chefs aus den Unternehmen haben in diesem Jahr erstmals Auskunft über rechtliche Aspekte bei M&A-Verhandlungen gegeben. Die Ergebnisse zeigen: Sie legen Wert auf Transaktionssicherheit und möchten exklusiv mit Zielunternehmen verhandeln. Rund ein Drittel der Corporates will sich gegen negative Auswirkungen absichern, der Einsatz von Garantie- und Freistellungsversicherungen (W&I-Insurances) sowie MAC-Klauseln gewinnt an Bedeutung. „Bei Vertragsverhandlungen sehen wir zunehmend, dass Käufer robuste Positionen einnehmen. Forderungen nach Exklusivität und MAC-Klauseln belegen dies. Beides sind Forderungen im Interesse eines Käufers. Verkäufer sind immer häufiger bereit, hierüber zumindest zu verhandeln“, so Dr. Thomas Meyding, Corporate Partner bei CMS.
Für eine sorgfältige Due Diligence wollen rund 41 Prozent der befragten Unternehmen mehr Zeit aufbringen. Der Schwerpunkt dabei liegt auf der Suche nach geeigneten Zielunternehmen. Die Umfrage zeigt auch, dass die Due Diligence zu ausgewählten Risikobereichen zugenommen hat. „Das Buzzword der Stunde heißt ‚Intelligent Risk Taking‘. Dabei werden Schwerpunkte der Due Diligence anhand des Risikoprofils der Zielgesellschaft festgelegt“, erklärt Thomas Meyding. „Ein Thema steht allerdings regelmäßig auf der Liste: Compliance. Eine Compliance Due Diligence ist komplex und eine Herausforderung für jeden Käufer und seine Berater.“
Software- und IT-Branche am attraktivsten
Auf einer Skala von 1 (sehr unwichtig) bis 10 (sehr wichtig) sehen sowohl Unternehmen als auch M&A-Berater die Wachstumsbeschleunigung (7,82 und 7,95) sowie die Erweiterung des bestehenden Produkt- und Technologieportfolios (7,59 und 7,90) aktuell als wichtigste Dealtreiber. Auch bei den Dealbreakern sind sich die M&A-Profis beider Lager einig. Transaktionen scheitern vor allem an unterschiedlichen Preisvorstellungen (7,94 und 8,00) sowie daran, dass das Zielunternehmen nicht so attraktiv ist wie zunächst angenommen (7,06 und 6,38). Während die Unternehmen das Finanzierungsumfeld als Dealbreaker derzeit nahezu vernachlässigen können, machen sich die M&A-Abteilungen wieder etwas größere Sorgen, was die gesamtwirtschaftliche Situation anbelangt. „Noch hat die vielerorts ungewisse politische Lage keine unmittelbaren negativen Konsequenzen auf das deutsche M&A-Geschehen. Aber natürlich überlegen sich strategische Investoren sehr gut, ob und wo sie insbesondere angesichts des bevorstehenden Brexits sowie der America-First-Politik von Donald Trump investieren und große Transaktionen tätigen wollen“, so Dr. Oliver Wolfgramm, Corporate Partner bei CMS. „Nicht wenige glauben allerdings, dass Deutschland als Stabilitätsanker in Europa eher noch interessanter für Unternehmenskäufe werden wird.“
Die Geschäftsaktivitäten sind weiterhin gut, nach Einschätzung der M&A-Berater und Investmentbanken finden die meisten Übernahmen und Fusionen derzeit in der Software- und IT-Branche statt. Dieser Sektor ist auf einer Skala von 1 (inaktiv) bis 10 (sehr aktiv) mit einem Wert von 7,90 überdurchschnittlich stark am M&A-Markt präsent.
Rückläufige Nachfrage aus dem Ausland
Die M&A-Aktivität von Käufern aus Schwellenländern hat im Vergleich zur letzten Umfrage nachgelassen. Die These, dass Käufer aus Schwellenländern derzeit auf dem deutschen Markt sehr aktiv sind, erzielte bei den Panelisten mit rund 6,0 (10 = vollkommene Zustimmung) einen niedrigeren Zustimmungswert als im Sommer 2016. Die Zustimmung nahm bei den Corporates um 6,8 Prozent und bei den M&A-Beratern um 15,5 Prozent ab. „Das Interesse chinesischer Investoren an europäischen und insbesondere deutschen Unternehmen ist ungebrochen. Gleichwohl wird 2017 nicht an das Rekordjahr 2016 heranreichen. Die Gründe dafür sind unter anderem die stärkeren chinesischen Kapitalverkehrskontrollen und der zunehmend kritische Blick der deutschen und europäischen Politik auf den Erwerb führender Technologieunternehmen durch chinesische Käufer“, so Oliver Wolfgramm. Dieser kritische Blick zeige sich nicht zuletzt in Überlegungen, das Außenwirtschaftsrecht zu verschärfen.
Leichter Rückgang bei der Auslastung
Auch wenn die M&A-Berater ihre eigene Auslastung nach wie vor als überdurchschnittlich einschätzen, ziehen sie derzeit etwas weniger neue M&A-Mandate an Land als im vergangenen Jahr. Das Projektaufkommen ist im Vergleich zur Oktober-Umfrage sowohl bei Beratungshäusern mit Fokus auf Mid- und Largecap als auch im Smallcap-Segment leicht gesunken. Das Projektaufkommen mit Deal Signing in den folgenden drei bis acht Monaten schätzen die Smallcap-Berater auf 1,78 und die Mid- und Largecap-Berater auf 1,94 (Skala von –5 bis +5, wobei der Wert 0 einem durchschnittlichen Projektaufkommen entspricht).