Frankfurt/Main – Die Lage am deutschen Markt für Fusionen und Übernahmen war in den vergangenen Monaten für viele M&A-Berater nicht so positiv wie erwartet; dennoch sind die Rahmenbedingungen für M&A-Transaktionen in Deutschland weiterhin sehr günstig. Das ist das wichtigste Ergebnis des aktuellen M&A-Panels, bei dem die Wirtschaftskanzlei CMS Deutschland und das Magazin "FINANCE" drei Mal jährlich M&A-Chefs deutscher Unternehmen sowie führende Investmentbanker und M&A-Berater anonym zu ihrer Markteinschätzung befragen.
Gesteigerte Nachfrage aus dem Ausland
Die derzeit hohe Aktivität am M&A-Markt kommt in zunehmendem Maße von Interessenten aus dem Ausland, insbesondere aus den Schwellenländern. Die These, dass Käufer aus Schwellenländern derzeit auf dem deutschen Markt sehr aktiv sind, erzielte bei den Panelisten mit 7,16 (10 = vollkommene Zustimmung) den höchsten Zustimmungswert seit Beginn der Umfrage im Februar 2011 und eine Steigerung von 11 Prozent gegenüber der letzten Befragung im Februar. Dieses Ergebnis dürfte auch auf das rege Interesse chinesischer Unternehmen an deutschen Firmen zurückzuführen sein. „Das Interesse chinesischer Investoren an deutschen Unternehmen ist in der Tat sehr groß. Wir haben dieses Jahr selbst bereits zwei Akquisitionen für chinesische Investoren erfolgreich beraten“, sagt CMS-Partner Dr. Oliver Wolfgramm. "Der schon im vergangenen Jahr zu beobachtende deutliche Anstieg setzt sich also in diesem Jahr weiter stark fort", so Wolfgramm weiter.
Kaufpreise bleiben hoch
Die derzeit sehr günstigen Finanzierungsbedingungen für Strategen und Finanzinvestoren sowie eine gesteigerte Nachfrage aus dem Ausland tragen allerdings auch dazu bei, dass die Kaufpreise für M&A-Transaktionen hoch bleiben. Der These, dass in vielen Branchen überhöhte Kaufpreise gezahlt werden, stimmen die Corporates inzwischen mit einem Wert von 8,13 zu (10 = vollkommene Zustimmung). In der Konsequenz scheitern Transaktionen häufig an divergierenden Preisvorstellungen. "Hier ist Kreativität gefragt", so CMS-Partner Dr. Thomas Meyding. "Ein ganzes Instrumentarium an verschiedenen Möglichkeiten steht zur Verfügung, um die gegenläufigen Interessen auszugleichen. Die Optionen reichen von Vendor Loan über Rückbeteiligung und Earn-out bis hin zu einem Teilverkauf mit entsprechenden Optionen hinsichtlich der Restbeteiligung."
Verzicht auf externe Unterstützung
Trotz hoher Kaufpreise kaufen Unternehmen nach wie vor zu, dabei verzichten sie aber immer häufiger auf externe Unterstützung. Im Juni 2014 hatte noch jeder zweite befragte Corporate M&A-Chef angegeben, mehr als 50 Prozent der M&A-Transaktionen mit externer Unterstützung anzugehen. Inzwischen sagt dies nur noch rund ein Drittel der Befragten. 38 Prozent der befragten Corporate-M&A-Chefs geben sogar an, dass sie maximal bei jeder vierten Transaktion auf externe Unterstützung zurückgreifen. "Diese Zahlen hängen eng zusammen mit dem zunehmenden Aufbau und der Verstärkung von eigenen M&A-Abteilungen in Unternehmen, die in der Lage sind, Transaktionen ohne die Begleitung von Investmentbanken und M&A-Beratern durchzuführen", erläutert CMS-Partner Dr. Oliver Wolfgramm. "Bei großen Transaktionen und auch bei hoher Komplexität setzen Unternehmen aber nach wie vor auf externe Unterstützung durch Investmentbanken und M&A-Beratungshäuser."
Rückgang bei der Auslastung
Die Zurückhaltung der Unternehmen bei der externen Beratung könnte auch dazu beitragen, dass einige M&A-Berater mit ihrer aktuellen Auslastung nicht zufrieden sind. Sowohl bei Beratungshäusern mit Fokus auf Mid- und Largecap als auch im Smallcap-Segment ist ein deutlicher Rückgang der Auslastung festzustellen. Zu diesem Ergebnis könnten auch die Unruhen im Vorfeld der Brexit-Abstimmung beigetragen haben, die viele Marktteilnehmer dazu veranlasste, ihre M&A-Projekte zumindest vorläufig ruhen zu lassen. "Gerade bei internationalen Projekten beobachten wir, dass das Brexit-Referendum in Großbritannien dazu führt, dass verschiedene Transaktionen ,on hold' sind oder dass man sich mit Vorbereitungsmaßnahmen mehr Zeit lässt", sagt Meyding.
Die frühsommerliche Flaute im Beratungsgeschäft dürfte einige Beratungshäuser dennoch unvorbereitet getroffen haben. Vergleicht man die Angaben zur aktuellen Auslastung mit der Prognose aus der zurückliegenden Februar-Umfrage, für die die Berater auf Basis bereits erteilter Mandate das erwartete Projektaufkommen mit Deal Signing in den folgenden drei bis acht Monaten abschätzen sollten, so bleibt die Branche deutlich hinter ihren Erwartungen zurück. Bei der Februar-Umfrage hatten die Befragten ihre künftige Auslastung noch auf einen Wert von 2,20 geschätzt, wobei 0 für eine durchschnittliche und 5 für eine stark überdurchschnittliche Auslastung steht. Aktuell erreicht die Branche in der Gesamtbetrachtung aber nur einen Durchschnittswert von 1,57. Insbesondere Beratungshäuser mit Smallcap-Fokus waren deutlich zu optimistisch: Ihre Erwartung, eine Auslastung von 2,40 zu erreichen, haben sie mit dem erreichten Wert von 1,42 deutlich verfehlt.