Pressemitteilung
Frankfurt am Main, 11. November 2014
Bankenwelt 2020 - Wie sieht der deutsche Finanzsektor in Zukunft aus?
Am Freitag, dem 7. November 2014, veranstaltete die Wirtschaftskanzlei GSK Stockmann + Kollegen in Frankfurt/M. einen Mandanten-Workshop zum Thema „Bankenwelt 2020 - Wie sieht der deutsche Finanzsektor 2020 aus?“. Über vierzig Teilnehmer warfen einen Blick in die Kristallkugel und diskutierten darüber, wie sich Marktstruktur, Aufsicht und Regeln für Banken und andere Finanzmarktteilnehmer in den nächsten Jahren verändern werden, welche Folgen diese Veränderungen haben werden und wie anders das Bankgeschäft selbst ablaufen wird.
Dabei kamen die neue Aufsichtsstruktur mit der EZB als zentraler Aufsichtsbehörde, die Bankenunion, Trennbankenregeln, die neuen regulatorischen Eigenkapital- und Liquiditätsregeln und das in deren Folge vordringende Schattenbankenwesen ebenso zur Sprache wie neue Finanzierungsmodelle, die Auswirkungen verbraucherschützender neuer Regeln im Wertpapiergeschäft, die Entwicklung der Derivatemärkte, das Zunehmen von Crowd Financing oder die weitere Technologisierung des Zahlungsverkehrs. Schließlich wurde auch über die Veränderungen in der Bankenorganisation und im Verhalten der Marktteilnehmer anhand der Beispiele Personalpolitik, IT und Auslagerungen sowie mehr Gerichtsverfahren und mehr Schiedsgerichtsbarkeit gesprochen.
Zu den diskutierten Veränderungen und deren Folgen gehörten:
i. Im Bereich der Bankenaufsicht wird bis 2020 die EZB als zentrale europäische Bankenaufsichtsbehörde eingespielt sein, die Bedeutung nationaler Aufsichtsbehörden tendenziell abnehmen, die Aufsichtspraxis stärker zahlenorientiert sein und die aus den Aufsichtsnormen resultierenden Kosten für den Bankensektor deutlich gestiegen sein.
ii. Die neuen Sanierungs- und Insolvenzregeln für Banken werden hoffentlich in der Praxis noch nicht benötigt worden sein. Wenn doch, wird sich zeigen müssen, ob das komplexe Geflecht aus EZB-Aufsichtsteams, EZB-Aufsichtsgremium, EZB-Rat, ERB, EU-Kommission und nationalen Aufsehern und Abwicklern mit zT sehr großen Gremien schnelle Reaktionen erfordernde Krisensituationen meistern kann.
iii. Der gegenwärtige Regulierungs-Tsunami wird wohl (hoffentlich) abflachen und mehr über die Vereinfachung von Regeln nachgedacht werden.
iv. Es wird weiterhin grundsätzlich Universalbanken in Deutschland geben und allenfalls einige wenige Trennbanken. Aber die Zahl der Schattenbanken und die der Schattenbankenaktivitäten wird mindestens so wachsen wie die Schattenbankenregulierung.
v. Um den von den gestiegenen regulatorischen Eigenkapital- und Liquiditätsanforderungen ausgehenden Druck auf die Profitabilität der Banken zu senken, wird es vermehrt zu Risikotransfertransaktionen kommen (Kredithandel, Verbriefungen – aber insbesondere hochqualitative solche – und Derivate – aber stärker standardisierte und über zentrale Gegenparteien geclearte solche).
vi. Grundsätzlich wird es bei den drei Säulen der deutschen Kreditwirtschaft bleiben (Private Banken, Sparkassen/öffentlich-rechtliche Institute und Genossenschaftsbanken). Aber der Konsolidierungsdruck innerhalb der Säulen wird bleiben und ggfs auch säulenübergreifende Lösungen mit sich bringen. Auch ein wachsender Ausverkauf der deutschen Banken an ausländische Investoren (sei es aus dem nahen oder dem fernen Osten oder auch den USA) kann nicht ausgeschlossen werden.
vii. Es wird mehr innovative Finanzierungsmodelle und insbesondere auch mehr Unternehmensfinanzierung über die Kapitalmärkte geben (dabei vermutlich mehr über die Anleihe- als über die Aktienmärkte).
viii. Der Finanzsektor wird sich auf die kommenden EU-Finanzmärkte-Vorschriften einstellen und sich neben dem traditionellen in gewissem Umfang auch ein honorarbasiertes Anlageberatungsmodell für private Kunden etablieren.
ix. Die europäischen Derivatemärkte werden sich auf die EMIR-Anforderungen eingestellt haben, Transaktionsmeldungen an Register für außerbörsliche Geschäfte (OTC) sowie das Clearing solcher Geschäfte über zentrale Gegenparteien funktionieren, aber in der Realwirtschaft auch Absicherungslücken hinterlassen.
x. Crowd Financing Modelle im Internet werden zunehmend etablierter Teil eines Finanzierungs-Mixes werden.
xi. Die Technologisierung des Zahlungsverkehrs schreitet weiter voran. Im Massengeschäft mit Privatkunden wird es immer weniger Zweigstellen und immer mehr Internet-Banking geben. Aber auch mehr Regulierung in diesem Bereich, zB bei virtuellen Währungen.
xii. Die Regelungen für Banker-Gehälter (dh auch die Boni-Beschränkungen) werden flächendeckend angewandt werden und der schon stattgefundene und noch stattfindende Wandel des Risikoverhaltens von Bankern wird klarer sichtbar sein, auch für die Öffentlichkeit.
xiii. IT wird insgesamt im Finanzsektor immer stärker genutzt werden. Ebenso Auslagerungstechniken, aber nicht in allen Marktsegmenten gleich stark.
xiv. Nicht nur Gerichtsprozesse zwischen Banken werden zunehmen, sondern auch der Einsatz von Schiedsgerichtsbarkeit im Finanzsektor.
xv. Last but not least: Der rechtliche Beratungsbedarf der Unternehmen des Finanzsektors wird hoch bleiben.
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